6. Juli 2024 / Aus aller Welt

Zehntausende feiern in Spanien Start der blutigen Stierhatz

Pamplona wird wieder zur Party-Hauptstadt Spaniens. Das wilde Spektakel der Stierläufe ist zunehmend umstritten, aber auch so beliebt wie nie zuvor. Ein Promi konnte diesmal aber nicht dabei sein.

Eine begeisterte Menschenmenge feiert die Eröffnung des Sanfermín-Festes.

Bahn frei für die wildeste Stierhatz der Welt: Im nordspanischen Pamplona wurde das ebenso berühmte wie umstrittene Sanfermín-Fest eröffnet. Vor Zehntausenden dichtgedrängten und begeisterten Menschen wurde Schlag zwölf vom Balkon des Rathauses die Eröffnungsrakete «Chupinazo» abgefeuert. «Viva San Fermín», schrien die nahezu alle traditionell in weiß gekleideten Menschen. Die Massen sangen, tanzten und schwenkten die roten Halstücher. Der erste der insgesamt acht Stierläufe ist am Sonntag.

Der staatliche TV-Sender RTVE und andere übertrugen die Eröffnungszeremonie live. Eine Touristin aus Mexiko weinte vor den RTVE-Kameras hemmungslos: «Ich bin sehr bewegt. Mein Vater hat es immer im Fernsehen gesehen und träumte davon, einmal hier dabei zu sein. Er hat es nicht geschafft. Er ist nicht mehr unter uns. Ich bin jetzt auch für ihn da.»

Zu den Fans des Spektakels gehört der in Pamplona geborene Fußball-Star Nico Williams (21), der am Freitag mit der spanischen Nationalmannschaft Deutschland aus der Europameisterschaft warf. «Ich feiere normalerweise jedes Jahr mit. Diesmal geht es nicht. Aber wenn wir ins Finale kommen, ist es auch völlig ok», sagte er der Sportzeitung «AS».

Die Proteste der Tierschützer waren vergebens 

Aber nicht überall herrschte nach der Eröffnung Partystimmung. Die Kritik und die Proteste der Tierschützer nehmen von Jahr zu Jahr zu. Am Freitag hatten die Organisationen PETA und AnimaNaturalis in Pamplona gegen das neuntägige Fest demonstriert. Das wilde Spektakel bezeichneten sie als «mittelalterliche Grausamkeit». Sie fordern ein Ende der Stierläufe und aller blutigen Stierkämpfe.

Einige Demonstranten gingen am Freitag am Pranger angekettet, trugen Hörner und hatten sich Gesichter und Hände mit roter Farbe bemalt. Diese sollte das Blut der rund 20.000 Stiere symbolisieren, die jedes Jahr bei den verschiedenen Veranstaltungen mit jahrhundertelanger Tradition in Spanien getötet werden. 

Schon in den vergangenen Tagen hatte es mehrere Kundgebungen gegeben, bei denen die Teilnehmer Plakate mit Aufschriften wie «Folter ist weder Kunst noch Kultur» und «Tierquälerei ist eine nationale Schande» trugen. «Wir wissen, dass es in der Gesellschaft eine Mehrheit gibt, die diese Tierquälerei nicht nur in Pamplona, sondern in ganz Spanien ablehnt und kein Interesse daran hat, sie aufrechtzuerhalten - schon gar nicht mit unseren Steuern», sagte die AnimaNaturalis-Vorsitzende Aida Gascón.

Die Kritik nimmt zu, aber auch die Begeisterung der Fans

Der Unmut und die Proteste nehmen in der Tat seit Jahren zu. Auf der anderen Seite genießt die blutige Fiesta in der Region Navarra bei überzeugten Fans Hochkonjunktur. Im vergangenen Jahr wurden nach amtlichen Angaben insgesamt 1,5 Millionen Teilnehmer gezählt - ein Rekord. Dieses Jahr meldeten die Hotels schon Tage vor dem Fest eine durchschnittliche Auslastung von 90 Prozent, Ferienwohnungen waren zu normalen Preisen nicht mehr zu bekommen. Für die Stadt ist es ein Millionengeschäft.

Die Besucher kommen aus den verschiedensten Regionen Spaniens und aus aller Welt, unter anderem aus Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Australien, Japan und insbesondere aus den USA. Über Pamplona, das heute 200.000 Einwohner zählt, schrieb der US-Schriftsteller Ernest Hemingway in seinem ersten größeren Roman «Fiesta» (1926).

Die sogenannten Sanfermines sind dem Stadtheiligen San Fermín gewidmet und werden in Pamplona bereits seit Ende des 16. Jahrhunderts immer Anfang Juli gefeiert. Es gibt nicht nur Stierrennen und Stierkämpfe, sondern auch viele Konzerte, Prozessionen und andere Veranstaltungen auch für Familien und Kinder.

Das wilde Spektakel ist nicht nur für die Tiere gefährlich

Die Stierhatz ist aber zweifellos der Höhepunkt der Festivitäten: Zwischen dem 7. und 14. Juli werden stets morgens um acht Uhr jeweils sechs zum Teil über 600 Kilogramm schwere Kampfbullen und auch mehrere Leitochsen von Hunderten Menschen durch enge Gassen in die Arena gejagt, wo sie am Abend bei Stierkämpfen getötet werden. Das Staatsfernsehen und andere TV-Sender übertragen bis zum Ende der Festivitäten live. Es gibt zudem Sondersendungen, Millionen in ganz Spanien sitzen gebannt vor den Schirmen.

Vor Ort verfolgen Zehntausende die Stierhatz auf Balkonen, Mauern und in Nebenstraßen aus nächster Nähe. Für die kurzzeitige Anmietung eines kleinen Balkons zahlen Touristen mitunter Hunderte Euro. Es fließt viel Rotwein und Sangría.

Gefährlich ist das wilde Spektakel derweil nicht nur für die Tiere: Bei den Mutproben der vorwiegend jungen Läufer über die 875 Meter lange Strecke der Stierhatz gibt es jedes Jahr Verletzte. Seit 1924 gab es auch 16 Todesopfer, das letzte allerdings vor 15 Jahren.


Bildnachweis: © Alvaro Barrientos/AP/dpa
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