An einem Dienstag verspricht die Wetter-App strahlenden Sonnenschein und 28 Grad für das Wochenende. Einem Ausflug an den See steht also nichts im Weg. Doch je näher der Trip rückt, desto mieser zeigt sich die Wettervorhersage. Und am Freitag heißt es schließlich: zwei Tage Schauer und 22 Grad. Was hier ein fiktives Szenario ist, tritt in der Realität nicht selten ein. Sind Wetteraussichten insbesondere in den Apps unzuverlässiger geworden? Nein, sagen Experten. «Es liegt in der Natur der Dinge, dass unsere Wettervorhersagen nicht exakt sein können - auch wenn unsere Technologien sehr modern sind und immer besser werden», sagt der Meteorologe Peter Knippertz von dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Um nachzuvollziehen, warum das so ist, ist es hilfreich zu verstehen, wie die Vorhersagen überhaupt entstehen. Dafür brauchen Meteorologen den aktuellen Stand der Atmosphäre, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) erklärt. Für jeden Punkt auf der Erde müssten sie die aktuellen Werte etwa zur Temperatur, Feuchte und Luftdruck kennen. Diese werden zwar an zahlreichen Messstationen etwa auch auf Schiffen, Bojen oder Flugzeugen ermittelt sowie mit Satelliten- und Radardaten ergänzt, wie DWD-Meteorologe Tobias Reinartz erläutert. «Für eine wirklich vollständige Kenntnis über den aktuellen Zustand der Atmosphäre reicht das aber bei weitem nicht.» Zudem sei die Atmosphäre ein sogenanntes chaotisches System, gibt Knippertz zu bedenken, «was es uns manchmal grundsätzlich erschwert, überhaupt brauchbare Vorhersagen zu machen». Den Zustand der Atmosphäre brauchen Meteorologen für ihr Wettermodell. Dieses besteht dem DWD-Experten zufolge aus hochkomplexen physikalischen Gleichungen, die letztlich nicht gelöst werden können, sondern vereinfacht werden müssen. «Wir füttern also ein nicht exaktes Wettermodell mit einem nicht exakten Anfangszustand der Atmosphäre und fordern jetzt aber, dass etwas Exaktes rauskommt? Das passt natürlich nicht», so Reinartz. Ist die immer lauter werdende Behauptung, dass die Vorhersagen immer unzuverlässiger werden, also doch richtig? Nein, sagt Knippertz eindeutig, das Gegenteil sei der Fall. Trotz einiger Einschränkungen könne das Wetter heute viel besser vorhergesagt werden als noch etwa vor zehn Jahren. Denn die Technologien und Modelle seien im Vergleich sehr viel besser und genauer geworden. Das bestätigt auch Reinartz. Mit Blick auf die Entwicklung der Luftdruck-Vorhersage stellt er fest: Eine heutige Prognose für die kommenden sieben Tage sei im Durchschnitt präziser als eine 24-Stunden-Vorhersage im Jahr 1970. Recht zuverlässig seien die Aussichten insbesondere für die ersten drei Tage, sagt der DWD-Experte. Die Zuverlässigkeit hänge aber auch immer etwas von der Wetterlage ab. Reinartz zufolge ist vor allem die genaue Vorhersage eines Gewitters schwierig. Denn diese seien besonders in ihrer Entstehung sehr kleinräumige Phänomene, die von den Wettermodellen nur teilweise aufgelöst werden könnten. Zwar könne man aus einem Modell für Tage im Voraus das Wetter stundengenau prognostizieren, so Reinartz. Mit dem zeitlichen Abstand werde jedoch die Unsicherheit immer größer - und ergebe deshalb keinen Sinn. «Überspitzt gesagt, kann man sich die Niederschlagsmenge in sieben Tagen zwischen 14 und 15 Uhr auch getrost selber würfeln.» Mit Blick auf die Wetter-Apps fügt er hinzu: «App-Prognosen gaukeln häufig eine Genauigkeit vor, die es gar nicht gibt.» Denn Apps versuchten das komplexe Wettergeschehen so einfach wie möglich darzustellen, damit viele Menschen damit etwas anfangen könnten, erklärt der DWD-Experte. «Als Nutzer sollte man sich aber am besten auch immer etwas Kontextinfos holen, also zum Beispiel einen Vorhersagetext zur besseren Einordnung lesen.» KIT-Meteorologe Knippertz kann sich auch vorstellen, dass durch die Nutzung vieler verschiedener Wetter-Apps der Eindruck entsteht, die Vorhersagen seien ungenauer geworden oder widersprächen sich. Apps stellen die Vorhersagen meistens mit Symbolen und Prozentzahlen dar. Ob dabei allen klar ist, was etwa der Hinweis «50 Prozent» am Regensymbol aussagt? Die Angabe bezieht sich auf eine statistische Berechnung: Wenn (im Rahmen der bestehenden Unsicherheiten) 100 realistische Vorhersagen gemacht werden würden und 50 von diesen für den betreffenden Ort und die betreffende Zeit Regen vorhersagen würden, dann ergeben sich die 50 Prozent, wie Knippertz erklärt. Wichtig ist also, dass Menschen Vorhersagen richtig interpretieren. Denn: «Je besser die Wettervorhersage, desto besser können wir mit regenerativen Energien umgehen, desto besser können wir unsere Landwirtschaft und Verkehr planen», sagt Knippertz. Außerdem rette sie in Extremwettersituationen Leben.Die Atmosphäre ist ein chaotisches System
Die Vorhersagen sind besser als vor zehn Jahren
Komplexes Wettergeschehen wird einfach dargestellt
Bildnachweis: © Sina Schuldt/dpa
Copyright 2023, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten
Wetter-Apps gaukeln häufig Genauigkeit nur vor
Pullover, Übergangsjacke? Oder reicht doch nur ein T-Shirt? Ein Blick in die Wetter-App könnte bei der Entscheidung helfen. Aber Vorsicht. Experten erklären, wie Wettervorhersagen zu verstehen sind.
Meistgelesene Artikel
- 11. September 2024
Kinderrechtefest im Südpark
Der Kinderschutzbund Münster lädt alle kleinen und großen Besucher*innen herzlich zum diesjährigen Kinderrechtefest ein
Nach viermonatiger Umbauzeit bietet der Spielplatz großzügige Möglichkeiten für Spiel und Sport
- 23. August 2024
Polizei Münster: 26-jähriger Münsteraner vermisst
Polizei bittet um Hinweise
Neueste Artikel
- 19. September 2024
Virologin: Corona-Welle steht bevor - kein Grund zur Sorge
Wenn es kalt wird, halten sich viele Menschen naturgemäß mehr in Innenräumen aus - und infizieren sich häufiger mit Atemwegserkrankungen wie Corona. Was für die kommende Saison zu erwarten ist.
- 19. September 2024
Aufräumarbeiten an vielen Orten - Elbe und Oder steigen an
In den Nachbarländern beginnen die Menschen mit Aufräumarbeiten nach der Flut. An der Elbe dürften die Pegelstände allerdings weiter steigen. Auch die Oder-Regionen wappnen sich für Hochwasser.
Weitere Artikel derselben Kategorie
- 19. September 2024
Virologin: Corona-Welle steht bevor - kein Grund zur Sorge
Wenn es kalt wird, halten sich viele Menschen naturgemäß mehr in Innenräumen aus - und infizieren sich häufiger mit Atemwegserkrankungen wie Corona. Was für die kommende Saison zu erwarten ist.
- 19. September 2024
Aufräumarbeiten an vielen Orten - Elbe und Oder steigen an
In den Nachbarländern beginnen die Menschen mit Aufräumarbeiten nach der Flut. An der Elbe dürften die Pegelstände allerdings weiter steigen. Auch die Oder-Regionen wappnen sich für Hochwasser.